Our everyday life is like a movie playing on the wide screen. Most people are interested in the picture on the screen without realizing there is a screen. When the movie stops and you don’t see anything more, you think, „I must come again tomorrow evening.“ - „I will come back and see another show.“ When you are just interested in the movie on the screen and it ends, then you expect another show tomorrow, or maybe you are discouraged because there is nothing good on right now. You don’t realize the screen is always here.1

leere

Leere, Form, Form, Leere

Form ist nichts anderes als Leere, Leere nichts anderes als Form,

so die eingängige Formulierung im Herz-Sutra. „Leere ist wirklich Form, und Form ist wirklich Leere.“ Das sagt alles und nichts. Die Leere, von der hier die Rede ist, weist direkt ins Herz der buddhistischen Lehre: ohne ein Selbst und ohne Beständigkeit ist alles Seiende im Kern nicht existent. Auf einer anderen Ebene (die zugleich dieselbe ist), meint die Leere das Sein alles Seienden vor der Zuweisung von Bedeutungen und Sinn durch den konstruierenden (menschlichen) Geist. Die Leere ist das So-Sein, das Sein, wie es gekommen ist.

Der die Händler aus dem Tempel warf

Der deutsche Mystiker Meister Eckehart nimmt in seiner ersten deutschen Predigt2 Bezug auf die „Tempelreinigung“ durch Jesus (Matthäus 21,12-13):

Und Jesus ging in den Tempel hinein und trieb heraus alle Verkäufer und Käufer im Tempel und stieß die Tische der Geldwechsler um und die Stände der Taubenhändler und sprach zu ihnen: Es steht geschrieben: „Mein Haus soll ein Bethaus heißen“; ihr aber macht eine Räuberhöhle daraus.

Meister Eckehart betrachtet den Tempel als Bild für „des Menschen Seele“ - und die, so Eckehart in seiner eigentümlichen Diktion, will Gott für sich haben: leer - „auf dass denn auch nichts weiter darin sei als er allein“. Der mittelalterliche Mystiker benutzt zahlreiche Begriffe und Bilder, die Meister Dõgen zur selben Zeit in Japan verwendet, um Philosophie und Praxis des Zen zu erörtern.

Der Mensch müsse sich darin üben, so Eckehart, seine Seele für Gott zu leeren, frei zu wirken und das Seine nicht zu suchen, ungebunden zu bleiben und: nichts zu begehren. Ist der Tempel „frei (…) von allen Hindernissen, das heißt von Ich-Bindung und Unwissenheit“, so glänzt er nicht nur schön, sondern lässt darin Gott durch Jesus sprechen. Und

was spricht der Herr Jesus? Er spricht das, was er ist.

Buddha-Natur

Alle Lebewesen haben voll und ganz die Buddha-Natur,

zitiert Dõgen im Shõbõgenzõ Busshõ Sakyamuni Buddha: „ohne irgendetwas zu sein, bist du die Buddha-Natur.“

Die Buddha-Natur als die vielfältigen augenblicklichen Gegebenheiten, die sich vor euch offenbaren, zu erkennen, bedeutet frei und ohne Hindernisse zu leben.

Die Leere, Gott, die Buddha-Natur, die Wirklichkeit - alles Synonyme?

Leere im Alltag

Alle diese Konzepte auf das von Shunryu Suzuki eingangs erwähnte „tägliche Leben“ zu übertragen, ist in der Praxis einfacher als gedacht. Der Schlüssel liegt im Wort Denken. Statt endlos über die hier angerissenen Konzepte nachzudenken, beginne man einfach beim eigenen Sein, beim eigenen Tun.

Das tägliche Leben nehmen wir wahr als einen endlosen Film, der auf unseren zahlreichen Leinwänden, Projektionsflächen, Bildschirmen und in unserer Vorstellung läuft. Unser Lieblingsspiel ist das Spiel mit Formen - in denen wir uns spiegeln, an denen wir uns halten, mit denen wir uns ablenken. Gefällt uns etwas nicht, warten wir einfach auf den Beginn des nächsten Films; spätestens morgen läuft bestimmt eine bessere Show. Wenn man bedenkt, was das für das Heute heißt und was passiert, wenn der Film morgen genauso deppert ist, bekommt man einen Begriff von dem, was die Buddhisten mit Leiden meinen.

Aber was tue ich, wenn ich ein Problem habe, wenn mich Gedanken martern, Sorgen quälen, Fragen umtreiben? Ich suche mir Formen, Bilder, Filme: alles, was irgendwie nützt.

Zen schlägt eine andere Möglichkeit vor: anstelle des Anhäufens und Auffüllens der Mut zur Leere: Loslassen, zur Ruhe kommens, So-Sein. In der Leere begegnet mir ein Grundvertrauen, ein Frieden, der jenseits all der flüchtigen - leeren - Formen auf der Leinwand liegt. Probleme lösen sich auf oder werden zumindest in Relation zur Wirklichkeit gesetzt; im Einklang mit meiner Natur, manche sagen auch: Gott, weichen Widerstand und Kampf. Ich muss nicht immer sprechen; ich muss der Wirklichkeit nicht immer etwas entgegensetzen. So kann ich mich als Teil dieses großen, leeren Spektakels erfahren, dessen Stimme ich vielleicht nur bin.


  1. Shunryu Suzuki: Everyday Life is like a Movie. In: not always so, S. 50. 

  2. Meister Eckehart: Deutsche Predigten und Traktate. Herausgegeben und übersetzt von Josef Quint. Diogenes 1979, S.153ff. 


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Inmitten der Wirklichkeit zu stehen und diese Wirklichkeit nicht mit unseren Ideen - was wirklich ist, was sein sollte, wer ich bin - zu verwechseln: an einem sehr lebensnahen Beispiel beschreibt Shunryu Suzuki die Praxis des Zen - und widerlegt ganz nebenbei den Nihilismusverdacht, unter den der Zen-Buddhismus immer mal wieder gestellt wurde:

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Es ist so gekommen.

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