Wenn der Mensch in der Übung der inneren Einkehr steht,
hat das menschliche Ihh für sich selbst nichts.
Das Ich hätte gerne etwas
und es wüsste gerne etwas
und es wollte gerne etwas.
Bis dieses dreifache „Etwas“ in ihm stirbt,
kommt es den Menschen gar sauer an.
Das geht nicht an einem Tag
und auch nicht in kurzer Zeit.
Man muss dabei aushalten,
dann wird es zuletzt leicht und lustvoll.

Ich erinnere mich noch gut an mein erstes Dokusan1. Eine Frage hatte während des Sitzens an jenem Tag endlos in meinem Kopf gekreist, und so fragte ich den Zen-Lehrer: Wenn ich, wie es dieser Text von Johannes Tauler (1300 - 1361) als Ziel der „inneren Einkehr“ nahe legt, nichts mehr will, wie kann dann noch etwas geschehen, etwas entstehen, wie kann ich dann noch sein?

wollen

Die Frage, bzw. das hinter ihr liegende Paradox, blitzt auch heute noch oft in meinem Kopf auf. Bin ich doch in einer Welt aufgewachsen, die den persönlichen Willen über alles schätzt und ihn fast als des Menschen schärfste Waffe trainiert. Ich will, also bin ich?

Mittlerweile sehe ich diesen Dreiklang des Ich allerdings um einiges gelassener. Die Sorge, was ich denn noch bewege, schaffe, was ich bin, wenn ich selbst nicht „will“ (oder eben: nicht „haben“ oder nicht „wisen“ muss) ist letztlich eine mehr als theoretische: so viel Langeweile, so viel Leere, kann sich niemand von uns vorstellen, dass nichts mehr geschieht, wenn man auf die eigene Willensbekundung, das eigene Begehren, das jedem Individuum eigene Besserwissen, verzichtet. Gelingt mir das, auch nur für Momente, ist da eine ganze Welt, deren Willen für mehrere Leben genügen würde, um mich in Bewegung zu halten.

Der eigene Wille - gibt es den überhaupt? Oder ist der nicht auch nur ein Glaube, eine Verwechslung? Könnte es sein, dass es für das ganze Universum gesünder wäre, wenn wir nicht so oft auf die Stimme des vermeintlichen Ich hören sondern dem Sein in seiner Gesamtheit lauschen würden?


  1. Einzelgespräch mit einem Zen-Meister oder Zen-Lehrer. 


Weiterlesen:

Die Leere. Was tun?

Was tue ich, wenn ich ein Problem habe, wenn mich Gedanken martern, Sorgen quälen, Fragen umtreiben? Ich suche mir Formen, Bilder, Filme: alles, was irgendwie nützt. Zen schlägt eine andere Möglichkeit vor.

weiterlesen

Könntest du mal kurz still sein, bitte?

Ein Zazenkai ist die beste Gelegenheit zu einem Tagesauflug in die Stille. Die genießen wir viel zu selten.

weiterlesen

Hunger! Auf jeden Fall Hunger!

Hunger nach mehr, als die Situation hergibt, Hunger nach Abwechslung, nach Erfüllung von Bedürfnissen, seien sie körperlicher oder geistiger Natur. Hunger danach, dass etwas anders sei als es jetzt ist, Hunger nach dem Gestrigen und Hunger nach der Zukunft. Hunger, auf jeden Fall Hunger!

weiterlesen